Du warst eine Blume
Jung ist voll mit Hoffnung und
Gewißheit
Gewißheit liegt da im Innern,
wo das unbekannte Leben ist
Die nur, in der Realität
sich nie erweist
Das ist das Dilemma der Jungen,
die zweifeln
Die Spanne war zu weit
Unerträglich weit
Du warst zu jung
Du warst eine Blume
Ich habe Dich dort hin gegeben
Du machst deine Blätter klar und ordnest deine Ränder
Zurückgehen in die Jugend
ist nicht leicht
Ich weiß
Ich bin du und schaue heute auf dich zurück
Ich küsse dich auf deine Augen und sehe
dein lachendes und freches und verstörtes Gesicht. Ich sehe
deine Wut und dein Vertrauen
Du warst fremd
in der Welt
und dort
Und aber - du brachtest Tränen
Ein Meer das mitkam
schon von der Großmutter, der Mutter, von Dir
Der Großmutters verlorenen Familie und den Mann
Zu jung gefallen, als schweigendes, als Stille
Um sie herum. In Dingen und Fotografien, in manchen
wenigen - weil es ihr wehtat - Erzählungen
Da waren Feste gewesen. Damals, im Park, als sie Kind war
Wenig Worte
Es war der große schweigende Verlust von allem,
der in der Großmutters gutem Lachen mitklang
Dies war das Trotzdem Lachen,
das tiefe, das komische, das Trauer versteckende
So war es, und das war der schwankende Felsen,
den die Maus, die mir zuhört, gesehen hat
Und sie hat eine Hand gesehen, die das große Bild anhält
Heute ganz lang danach. Das ist der Großmutter Hand
Du brachtest deine Mutter mit, ohne sie noch zu sehn
Du hattest sie schon lange nicht mehr
an der Hand, die beide nicht greifen konnten. Nicht sie und du
Ja, es war gewesen wirklich ihr Herz, das zermalmt war, jung
Von der Liebe
So brach der Mutters davon. Und das war um uns
Von klein an geatmet
Von einem der selber zu anders war
Und sie war schön
Alles war von allem anders. Nichts ging
Die ungeweinten, sammelten sich zu einem Meer
Als der Vater mich besuchte, stieg ich hinein, in das Meer,
Die Kacheln, die Linie des Wassers,
Das Schwimmbad war meine Tiefe
und das Meer
Die Liebe ist so groß, so groß
Ich wußte das ja garnicht. Die Liebe
Das Märchen ist komplett,
wenn der Stiefvater kommt
Mit allem dazu
Die Flucht begann.
In die Jugend mit psychedelischem Licht
Dieses Licht war wirklich da. Es hielt mich
kurz, nur eine Tür zum hindurchsehen
Und die Flucht begann
Mit 17 wurde ich nur noch von Kerlen verfolgt
Du warst auf der Flucht und wo kamst Du denn dahin
Du warst eine Blume
Dorthin habe ich Dich gesetzt
Du warst jetzt darin. In Ottos Haus
Aber es waren die anderen, die Jungen
Es war damals gut. Zuerst
Und ich sage Dir
Du warst nun geschützt vor den Kerlen,
die dich verfolgten
Denn es waren gute Jungs. Die selber fühlten
Es war voll Erwartung und ihr seid gesprungen. Die ersten Jahre
Und Du hattest ein paar Freunde und auch Liebe
und gingst deinen Weg
Deswegen, weil die ersten Jahre Liebe hatten,
und Tiefe,
und alles seinen Sinn
Du warst eine Blume.
Du warst zart und viele haben sich Dir
dann
nicht genähert. Deine Augen waren streng und unsicher
Aber du warst es. Und nervös
Und irgendwie tabu.
Eigentlich hast Du das nie begriffen.
Und es hat dich verletzt. Du warst ehrlich,
so weit du es konntest. Ohne Angst, mit Angst, mit Angst
Und dein Meer war da und blieb noch sehr sehr lange
Ich umarme dich und küsse dich, du kluge kleine Große
Das eine Mutter zum Mädchen sagt
Niemand mehr konnte dir schaden
Weil ich jetzt bei dir bin. Ich bin du
Später hat Otto
dich eigentlich
garnicht verdient
Er ahnte selbst, dass er dich nicht kannte
Dass du woanders hin gehörtest. In eine andere Welt
Eigentlich
Das war nicht sichtbar. Auch dir nicht
Und es wurde doch eine Zeit in der Hölle
Gemeint ist, dass jemand meine Seele fast gefressen hat
Er konnte sie nicht schlucken. Sie brannte sehr
Sie brannte und erlosch fast
Die Gewißheit war noch da
Aber du warst irgendwann am Ende
Und schon ganz ertrunken
Du warst eine Blume
die verging
Das Grün war verzahnt das Gelb im Staub das Blau an der Hand
Nichts mehr war an seinem Ort
Alle wollen die Hölle hören
und sie sehen
Wollen davon hören
Dass sie es ist
Was man sieht wenn man hineingeht
Selber
Und dann plötzlich fühlt man sie und ist nicht mehr so schlau
Dabei ist sie doch recht nah
und man kann auch mal
von draußen reinsehn
Und es gibt vor allem die eigene
in der anderen
Man geht aus Versehen dahin wo man sie lernt
Dabei
lernt man,
wenn,
leben und vieles andere auch
Weil
das Leben ist immer anders als gleich
Es fügt sich den Formen und zerteilt sich
Ist halb Leben halb Tod
Denn nicht zu vergessen,
der Widerspruch macht das
Und wer den Höllenschlund kennt
Und den Widerspruch benennt
wird dich verstehn
Ich war bei dir
Du machtest deine Blätter klar und ordnetest deine Ränder
Du trenntest
die Spreu vom Weizen
Die Farbe vom Leim, so dass sie zerfiel
Die Linien von der Fläche, sie wurde zu Haar
Den Farbfleck vom Himmel
der wurde zu Raum
© susanne fasbender September 2011
Über das Malen
Anfänglich mit Cezanne am Weg
und Vincent im Wind nahm Otto den Pinsel
Er lehrte. Du hörtest und sprangst auf auf das, das dich trug und du
rastest. Und ranntest
Durch dein Gehirn wehte Sturm, raste er
und Kraft riss dich und schlug zu
Du jagtest und Pigmente führten dich
durch ihren Raum durch die Fläche und Fläche
die jedoch
immer und auf einen Tag
Fläche blieb
Das Tafelbild, das so großartig von ihm zerstörte,
fand nie einen Raum
Der Genius des sich selbst so liebenden Strichs
des elektrischen durch die Hand des wilden und sicheren
der wildes und Ordnung in einem hat
Die Fläche sollte zerspringen und stabilisieren
sie sollte zu allem fähig sein
Und ihre vier Seiten taten
die ganze Welt zu sein
Diese Welt war eine Scheibe
Eine quadratische
© susanne fasbender September 2011